Über
«... die Vorbereitung des damaligen polnischen Obligationenrechts von 1933 stützte sich auf eine bewusste rechtsvergleichende Heranziehung des deutschen BGB, des österreichischen ABGB, vor allem des schweizerischen OR und des soeben erwähnten italo-französischen Entwurfes, so dass die damalige erste polnische Kodifikation des Obligationenrechts sich auch als erste »europäische« Zivilrechtskodifikation verstand». (F. Ranieri, Europäisches Obligationenrecht. Ein Handbuch mit Texten und Materialien, 3. Aufl., Wien 2009, S. 105-106.)
«Das OR. hat durchaus seine Originalität und stellt einen sehr wertvollen Beitrag Polens zum europäischen Rechtswesen dar; es ist eine Leistung, an der die künftige Rechtsentwicklung nicht wird vorbeigehen können, und auf welche die polnische Juristenwelt stolz sein kann». (U. Rukser, Das neue polnische Obligationenrecht, Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 8 (1934), S. 375).
«... ce Code ... aura un grand retentissement dans le monde juridique, car ... il représente le dernier état de la science juridique en droit privé». (H. Capitant, Préface zum Code des obligations de la République de Pologne, trad. St. Sieczkowski/J. Wasilkowski avec la collaboration de H. Mazeaud, Paris 1935, S. V.)
Die EditionPolnOGB ist ein Projekt des Lehrstuhls für Europäische Rechtstradition, Juristische Fakultät, Universität Warschau. In Zukunft soll die EditionPolnOGB alle Materialien zum polnischen Obligationengesetzbuch vom 27. Oktober 1933 an einem Ort zusammenführen und so der breiten Öffentlichkeit und Forschung zugänglich(er) machen. Die Sammlung besteht aus den bereits in verschiedenen digitalen Bibliotheken vorhandenen und öffentlich zugänglichen Dokumenten und Publikationen sowie denjenigen Materialien, die dank der an dem Lehrstuhl erfolgten Forschung aus Archiven zusammengestellt und digitalisiert wurden.
Zurzeit ist die EditionPolnOGB nur als Rumpfedition verfügbar. Bis die Erforschung der dem Polnischen Obligationengesetzbuch zugrundeliegenden Materialien abgeschlossen ist, können nur einzelne Dokumente sukzessiv zur Verfügung gestellt werden. Wir hoffen dennoch, dass die EditionPolnOGB bereits in ihrem aktuellen Zustand die Forschung erleichtert und damit als Fortschritt zu werten ist.
Die Bereitstellung polnischer Kodifikationsmaterialien bietet zusätzliche Schwierigkeiten im Hinblick auf die Sprache. Sowohl die Vorentwürfe, die Protokolle und nicht zuletzt der Gesetzestext sowie seine Kommentierungen wurden alle auf Polnisch verfasst. Bei der Auswahl der Materialien werden deswegen insbesondere auch fremdsprachige Texte vorgelegt, vor allem die auf Deutsch und Französisch verfassten Übersetzungen, Vorentwürfe sowie rechtswissenschaftliche Besprechungen aus den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts.
Die Digitalisate wurden teils von dem Mitarbeitern des beteiligten Lehrstuhls selbst angefertigt, teils stammen sie aus den polnischen Archiven und Bibliotheken. Zusätzlich wurden alle Dokumente maschinell transkribiert. Aufgrund dieser maschinellen und nicht von Hand nachbearbeiteten Transkriptionen versteht sich die EditionPolnOGB bloss als Ausgangspunkt und Steinbruch für die weitere wissenschaftliche Forschung.
Dass eine Sammlung der Materialien zum polnischen Obligationengesetzbuch auf einer Schweizer Webseite erscheint, ist kein Zufall. Die Verfasser des polnischen Obligationengesetzbuchs waren, Polens Geschichte wegen, gezwungenermassen alle Rechtsvergleicher, wobei sie in besonderem Masse vom schweizerischen Recht profitiert haben. Im Ergebnis entwickelten sie ein Mischsystem, das die besten Lösungen der damals geltenden ausländischen Gesetzbücher mit den modernsten Strömungen der Rechtswissenschaft vereinigte. Das hochbewertete Rezeptionspotenzial des polnischen OGB wurde bedauerlicherweise 1939 durch den Kriegsausbruch gehemmt.
Prof. Dr. Walter Boente, Universität Zürich, verdanken wir die Einladung zur Teilnahme am iurisprudentia-Projekt und somit die Möglichkeit, die europäische Dimension des polnischen Rechts bekannt zu machen.
Für Verbesserungsvorschläge an a.grebieniow@wpia.uw.edu.pl sind wir dankbar.